Homöopathie II – Wie homöopathische Mittel „entwickelt“ werden

Posted on 12. Juli 2010

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Der Weg zu einem Medikament (ich meine echte Medikamente; nicht homöopathische Wundermittel) ist lang und es lauern eine Menge Hürden.

Zunächst einmal muss man versuchen, die Krankheit und ihre Ursache zu verstehen. Was ist schief gelaufen, was funktioniert nicht, wie es soll? Ist es eine Infektion? Steckt ein Virus dahinter? Oder ein Bakterium? Oder ein Pilz? Oder…? Dann muss man bei der Ursache nach Ansatzpunkten suchen. Wo bietet der Auslöser Angriffsflächen? Wie kann man sich diese nutzbar machen? Welche Mittel hat man dazu? Diese Mittel und Wege werden dann ausführlich getestet. Und nochmal getestet. Und nochmal… Möglicherweise muss man sie auch irgendwann verwerfen und wieder von neuem beginnen. Und am Ende hat man dann vielleicht/hoffentlich ein Mittel, das wirkt und verträglich ist.

Gänzlich anders läuft die Entwicklung eines homöopathischen Mittels ab.

Ein gravierender Unterschied besteht schon in der Reihenfolge. Denn bei der Entwicklung neuer homöopathischer Mittel steht eben dieses am Anfang und dann überlegt man erst, wofür es überhaupt gut sein soll. Klingt irre, ist aber so.

Grundsätzlich kann alles zu einem homöopathischen Heilmittel werden. Jemand muss nur auf die Idee kommen, es auszuprobieren. Gerade das macht ja auch die Frage aus dem ersten Artikel relevant: Was ist mit dem Glas, in dem das Mittel produziert wird? Warum wirkt das nicht?

Wenn ich sage „alles“, dann meine ich wirklich alles. So manches Mal kommt man nicht leicht oder zumindest nicht auf Anhieb drauf, was sich hinter dem meist wohl, zumindest aber geheimnisvoll klingenden Namen eines homöopathischen Wirkstoffes verbirgt. Zum Beispiel das berühmte Excrementum Caninum (zur Behandlung von u.a. Schlafmangel, Augentränen und Heuschnupfen).

Excrementum kann vielleicht schon stutzig machen. Soll das etwa tatsächlich Exkrement bedeuten? Nun gut, wer weiss… Guano ist ja auch einfach nur Vogelschiss, aber wahnsinnig gut für die Pflanzen. Vielleicht ist das hier ja irgendwas von Insekten oder so.

Wohl dem, bei dem aus dem langweiligen Lateinunterricht wenigstens irgendetwas hängen geblieben ist. Caninum… des… des Hundes? WTF?!

Ja, richtig. Bei dem beispielhaften homöopathischen Wirkstoff handelt es sich um Hundekot. Und nein, das habe ich mir nicht ausgedacht. Hundekot ist tatsächlich ein homöopathischer Wirkstoff. Ob die Rasse des Hundes dabei eine Rolle spielt, dazu schweigen die Homöopathen nach meinem Kenntnisstand. Doch keine Panik. Erinnern wir uns an Teil I: Es ist davon auszugehen, dass sich nicht ein einziges Molekül des homöopathischen Scheißhaufens in dem befindet, was man als homöopathisches Mittel zu sich nimmt.

Es sollte also deutlich sein: Alles, wirklich alles, kann ein homöopathisches Mittel werden. Auch ganze Tiere (zum Beispiel Kakerlaken und andere Insekten oder auch Spinnen) oder verschiedenste Sekrete. Grundsätzlich spielt dabei auch keine Rolle, ob dieser Ausgangsstoff nun natürlicher, synthetischer oder künstlicher Art ist.

Teilweise sieht es dann auch so aus, dass für ein Mittel gegen eine Krankheit, sei es zur Vorbeugung oder zur Behandlung, diese Krankheit in sich tragende Gewebeproben (sogenannte Nosoden) als Ausgangsstoff für das homöopathische Mittel genommen werden. Für ein Mittel gegen eiternde Geschwüre wären also Proben eines eiternden Geschwüres der Ausgangsstoff. Für ein Mittel gegen Krebs (ja, auch davor schrecken Homöopathen nicht zurück) Gewebeproben eines Tumors.

Aber das ist erst der Anfang. Nun muss jemand erstmal rausfinden, welche Wirkung das Mittel überhaupt hat und wogegen es sich einsetzen lässt. Bei einigen Mitteln ist das zwar mehr oder weniger klar, sie sind ja mit einem Ziel entstanden und nach homöopathischen Vorstellungen tun diese Mittel einfach das Gegenteil dessen, was man von ihnen erwarten würde. Aber wer weiss schon, für was sich das Mittel sonst noch einsetzen lässt? Dabei geht man nicht weniger grotesk zu Werke: Man nimmt es einfach ein und schaut, was passiert, so wie Hahneman es beim Chinarinden-Experiment gemacht hat.

Jetzt muss man sich mal klarmachen, was die da genau tun.

Für einen „Außenstehenden“ ist das natürlich pillepalle. Die schlucken Wasser und es passiert gar nix. Aber in den Augen eines Homöopathen ist das wahlweise völlig irre und selten dämlich oder geradezu todesmutig. „Oh ich hab keine Ahnung, was das ist und was es für Auswirkungen hat. Aber es soll Kranke gesund machen und demnach Gesunde krank. Hey, ich schluck das mal und schaue, was passiert.“ Man stelle sich vor, man verführe so mit echten Wirkstoffen…

Dass Homöopathen bei derlei Experimenten nicht sterben wie die Fliegen liegt schlicht daran dass sie da nix einnehmen, was irgendeine Wirkung haben könnte. Das hindert sie dann natürlich nicht daran, sich eine solche Wirkung einzubilden.Über diese Einbildungen… pardon:Wirkungen… wird dann Buch geführt. Über alles, von dem man glaubt, dass es eine Wirkung des Mittels sein könnte. Hat ein Furz quer gelegen? Habe ich letzte Nacht noch wirrer geträumt, als sonst (teilweise wird für solche Traumanalysen das Mittel nicht eingenommen, sondern unters Kopfkissen gelegt)? Und wenn man das dann alles deutet, dann findet man auch sicher heraus, wofür das tolle Mittel nun überhaupt gut ist.

Es lohnt sich allerdings kaum, hier wesentlich tiefer ins Detail zu gehen. Denn es ist schlicht so, dass es ein einheitliches Vefahren genausowenig gibt, wie einheitliche Qualitäts- und Sicherheitsstandards.

Na dann… Wenn da so viel Vernunft waltet, kann ja nix mehr schiefgehen, oder?

Auch diesmal habe ich wieder die infame Behauptung geäußert, dass homöopathische Mittel nicht wirken. Zeit also, sich im nächsten Teil mit der Frage der Wirksamkeit auseinander zu setzen.

Bis dahin hoffe ich, dass dieses Video zum Nachdenken anregen kann: